DIE KÜNDIGUNGSSCHUTZKLAGE
Eine Kündigung kann unerwartet kommen und sich insbesondere für die finanzielle Situation des Arbeitnehmers fatal auswirken. Das wirksamste Mittel gegen eine Kündigung ist die Kündigungsschutzklage. Ihr Ziel ist es, festzustellen, ob die betreffende Kündigung unwirksam ist. Ist das nicht der Fall, besteht das Arbeitsverhältnis weiterhin fort.
- Voraussetzungen einer Kündigungsschutzklage
Damit eine Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg hat, müssen jedoch ihre Voraussetzungen vorliegen.
- Schriftliche, zugegangene und zurechenbare Kündigungserklärung
Zunächst bedarf es dazu einer schriftlichen Kündigungserklärung. Diese muss dem Arbeitnehmer zurechenbar zugegangen sein.
Hat also etwa der Arbeitgeber die Kündigung bloß mündlich ausgesprochen, ist die Erklärung nicht wirksam.
Dabei kann eine Kündigung des Arbeitgebers unter gewissen Umständen auch durch einen wirksam bevollmächtigten Vertreter des Arbeitgebers erklärt werden. Dieser muss, abseits von gesetzlichen Vertretern wie den Eltern, zur Wirksamkeit der Kündigung jedoch bei der Erklärung eine Vollmachtsurkunde vorlegen.
- Klagefrist: Klageerhebung muss innerhalb von drei Wochen erfolgen!
Des Weiteren muss der Arbeitnehmer die Klagefrist einhalten. Dabei muss er beim zuständigen Arbeitsgericht innerhalb von drei Wochen nach Zugang des schriftlichen Kündigungsschreibens Klage erheben.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann gem. § 5 KSchG eine verspätete Klage zugelassen werden.
Wird die Klagefrist nicht eingehalten, ist die Kündigung materiell präkludiert. Das bedeutet, dass die Kündigung als von Beginn an wirksam gilt.
Eine Ausnahme hierbei ist das Schriftformerfordernis einer Kündigung. Ist ein solches nicht gewahrt, sind nämlich schlicht und einfach nicht die Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung gegeben.
- Gegebenenfalls, falls vorhanden: Betriebsratsbeteiligung
Falls ein Betriebsrat im Betrieb besteht, muss dieser auch rechtswirksam angehört werden.
- Gegebenenfalls Sonderkündigungsschutz: Mutterschutz oder Ähnliches
Ist Sonderkündigungsschutz einschlägig, kann bereits aus diesem Grund eine Kündigung unwirksam sein.
Beispielsweise kann der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nicht aus dem Grund kündigen, dass der Arbeitnehmer seine Rechte in zulässiger Weise ausübt.
Auch sind Schwerbehinderte, Schwangere und Mitglieder des Betriebsrates in besonderer Weise geschützt. Etwa darf Schwangeren während ihrer Schwangerschaft bis zum Ende ihrer Schutzfrist nach der Entbindung, mindestens jedoch bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung, nicht gekündigt werden, wenn dem Arbeitgeber die Entbindung bekannt ist oder sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
- Ordentliche oder außerordentliche Kündigung: Je nachdem, was von beidem vorliegt, unterscheiden sich die weiteren Voraussetzungen
Die weiteren Voraussetzungen sind abhängig davon, ob der Arbeitgeber ordentlich oder außerordentlich gekündigt hat.
- a) Ordentliche Kündigung
Insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber mehr als zwei Wochen nach Vorliegen des potenziellen Kündigungsgrundes die Kündigung ausgesprochen hat, kommt eine ordentliche Kündigung vor. Sie hat folgende Voraussetzungen:
- aa) Kündigungsfrist: Länge abhängig von Länge der Betriebszugehörigkeit
Zunächst kann das Arbeitsverhältnis nur unter Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist gekündigt werden. Deren Länge unterscheidet sich je nach Länge der Betriebszugehörigkeit und nach den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag oder nach einem für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifvertrag.
Besteht etwa ein Arbeitsverhältnis seit zwei Jahren, kann innerhalb von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden, soweit die gesetzlichen Kündigungsfristen gelten. Bei einem seit 20 Jahren andauernden Arbeitsverhältnis beträgt eine angemessene Kündigungsfrist nach Gesetz hingegen ganze sieben Monate.
- bb) Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)
Weiter müsste das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anwendbar sein.
(1) Kündigung von Arbeitnehmern
Dafür müsste zunächst einem Arbeitnehmer gekündigt worden sein.
Beachten Sie jedoch: Bei Angestellten in leitender Stellung wird die Anwendbarkeit des KSchG eingeschränkt.
(a) Leitende Angestellte: Einschränkende Anwendbarkeit des KSchG
Wird leitenden Angestellten gegenüber gekündigt, ist das KSchG lediglich eingeschränkt anwendbar.
So bedarf es etwa nicht einer ansonsten dafür erforderlichen Begründung, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis trotz wirksamer Kündigungsschutzklage gegen Zahlung eines Entgelts auflöst.
(b) Repräsentanten des Arbeitgebers: Keine Anwendbarkeit des KSchG
Bei Repräsentanten des Arbeitgebers, etwa einem Vertreter einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG), ist das KSchG hingegen erst gar nicht einschlägig.
Abseits von Sonderkündigungsschutz ist der Grund der Kündigung damit bei einer ordentlichen Kündigung nicht für die Wirksamkeit einer Kündigung entscheidend.
(2) Dauer Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate
Auch muss die Dauer des Arbeitsverhältnisses ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden haben.
(3) Keine Anwendbarkeit des KSchG für Betriebe mit zehn bzw. fünf Arbeitnehmern
Zuletzt gilt das KSchG grundsätzlich bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat, nicht für Betriebe, in denen zehn oder weniger Arbeitgeber ausschließlich zu ihrer Berufsbildung beschäftigt werden. Hierbei ist nicht die Anzahl nach Köpfen entscheidend, sondern die wöchentliche Arbeitszeit. Ein Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit bis zu 20 Stunden zählt 0,5, ein Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit bis zu 30 Stunden zählt zu 0,75 und ein Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit mit mehr als 30 Stunden zählt zu 1.
Bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis vor dem 31. Dezember 2003 begonnen hat, gilt das KSchG nicht für Betriebe, in denen fünf oder weniger Arbeitgeber ausschließlich zu ihrer Berufsbildung beschäftigt werden, sofern noch alle Arbeitnehmer aus dem Jahr 2003 noch immer beschäftigt sind.
Sind all diese Voraussetzungen gegeben, ist der Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) eröffnet.
- cc) Soziale Rechtfertigung der Kündigung
Ob eine ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt ist, wird allgemein anhand einer zweistufigen Prüfung ermittelt.
(1) Erster Schritt: Kündigung von einem Kündigungsgrund abhängig?
Zunächst muss ermittelt werden, ob eine Kündigung generell vom Vorhandensein eines Kündigungsgrundes abhängt. Der jeweilige Fall muss alleine stehend im Allgemeinen geeignet sein, eine Kündigung rechtfertigen zu können.
(2) Zweiter Schritt: Interessenabwägung
Danach wird in einer umfangreichen Abwägung der Interessen festgestellt, ob die Kündigung aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers im konkreten Fall billigenswert und angemessen ist. Hierbei werden insbesondere auch der Ultima-Ratio-Grundsatz und der Prognosegrundsatz mitberücksichtigt. Inwiefern die Interessenabwägung konkret bei dem Vorliegen eines der unterschiedlichen Gründe vorzunehmen ist, wird im Folgenden noch näher erläutert.
(3) Die einzelnen Kündigungsgründe: personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung?
Die genaue Gestaltung der Prüfung ist sodann davon abhängig, aufgrund welchen Kündigungsgrundes im konkreten Fall die Kündigung erfolgt ist.
(a) Personenbedingte Kündigung: Gründe, die sich aus persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers ergeben
Zunächst ist eine soziale Rechtfertigung der Kündigung im Fall einer personenbedingten Kündigung möglich. An eine solche kann dann gedacht werden, wenn die Gründe sich aus persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers ergeben. Umfasst sind also Gründe aus der individuellen Person des Arbeitnehmers, etwa eine fehlende Berufsvoraussetzung.
Eine personenbedingte Kündigung setzt im Näheren drei Elemente voraus, um wirksam zu sein.
(aa) Negative Prognose
Das erste Element ist eine negative Prognose im Hinblick auf die weitere Erfüllung der Pflichten des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis.
Entscheidend sind hierbei objektive Tatsachen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung.
Im Falle einer Krankheit etwa muss in diesem Zeitpunkt die Befürchtung zukünftig folgender Erkrankungen im momentanen Ausmaß die Kündigung objektiv rechtfertigen bzw. es darf mit der Rückerlangung der Fähigkeit zur Arbeit in einem absehbaren Zeitraum nicht gerechnet werden.
Erkrankt der Arbeitnehmer des Öfteren für eine kürzere Zeit, indiziert das eine solche negativ zu erwartende Entwicklung.
Stellt sich eine Prognose, die im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung falsch war, jedoch in einem späteren Zeitraum, der sich zeitlich jedoch vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses befindet, doch als richtig heraus, ist eine erneute Kündigungserklärung des Arbeitgebers erforderlich.
Im genau umgekehrten Fall kann der Arbeitnehmer in dem späteren Zeitraum erneut einen Anspruch auf Wiedereinstellung geltend machen.
Sind die objektiven Tatsachen zur Vornahme der negativen Prognose nicht hinreichend gegeben, kann dennoch, alternativ zu einer ordentlichen Kündigung, eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden. Für nähere Informationen zur Verdachtskündigung siehe den Text zum Thema Verdachtskündigung.
(bb) Erhebliche Beeinträchtigung der Interessen des Unternehmens
Des Weiteren müssen Interessen des Betriebs in signifikanter Weise beeinträchtigt sein.
Zum einen kann eine solche Beeinträchtigung bei einer schwerwiegenden Beschwerung des Arbeitgebers vorliegen. Das ist etwa dann der Fall, wenn für den Arbeitnehmer eingestellte Aushilfskräfte enorme Kosten verursachen.
Ist der Arbeitsprozess erheblich gestört, liegt zum anderen eine derartige Beeinträchtigung vor.
Offensichtlich einschlägig ist eine solche Belastung etwa bei einer langwierigen, durch eine Krankheit verursachten Leistungsunfähigkeit des Arbeitnehmers.
(cc) Interessenabwägung: Entscheidend sind Gründe, die der Arbeitnehmer nicht selbst beeinflussen kann
Zuletzt ist im Einzelfall eine konkrete Abwägung der Interessen vorzunehmen.
Diese muss im Einzelfall zu dem Ergebnis kommen, dass eine nicht zumutbare Beschwerung des Arbeitgebers durch die Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen vorliegt.
Entscheidend sind bei einer personenbedingten Kündigung jedoch nur diejenigen Gründe, auf die der Arbeitnehmer gerade keinen Einfluss nehmen kann. Solche Gründe sind beispielsweise dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum oder des Öfteren für einen kürzeren Zeitabschnitt krankheitsbedingt nicht zum Arbeiten imstande ist.
Weiter müssen bei dieser Abwägung zumutbare Überbrückungsmöglichkeiten mitberücksichtigt werden. Hierbei werden die wirtschaftlichen und betrieblichen Interessen des Arbeitgebers mit den Schutzinteressen des Arbeitnehmers abgewogen.
Ist zum Beispiel für eine Änderungskündigung die Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers ausreichend dafür, um das mit der Kündigung erstrebte Ziel zu erreichen, muss dies vor der Vornahme einer Kündigung erfolgen.
Kann etwa ein Arbeitnehmer wegen eines in seiner Person liegenden Grundes seine Arbeitsleistung an seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr erbringen, so kann er möglicherweise in einem anderen Bereich des Unternehmens dennoch positiv in dessen Interesse tätig sein. Gibt es in diesem anderen Bereich einen geeigneten freien Arbeitsplatz, ist, statt einer bloßen Kündigung, eine Kündigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses verbunden mit der Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen denkbar (sogenannte Änderungskündigung).
Genaueres zum Thema Änderungskündigung siehe den Text Änderungskündigung.
Dazu folgendes Beispiel: Eine Firm stellt einen Teil ihrer Produktion um und produziert nun Waffen. Angestellter A ist jedoch Pazifist. Mit seinem Gewissen ist es nicht vereinbar, Waffen herzustellen. Daher verweigert er die Erbringung jeglicher Arbeitsleistung. Statt ihm aufgrund der Arbeitsverweigerung zu kündigen, kann er möglicherweise in dem anderen Bereich der Firma tätig werden, die keine Waffen produziert.
Jedoch ist im Fall der personenbedingten Kündigung eine Abmahnung keine alternativ zumutbare Möglichkeit. Denn indem der Arbeitnehmer die für die personenbedingte Kündigung ausschlaggebenden Gründe nicht selbst steuern kann, hätte eine Abmahnung keine Auswirkung.
Wichtig dabei ist, dass der Arbeitgeber für die soziale Rechtfertigung einer personenbedingten Kündigung die Beweislast selbst trägt. Er muss also beweisen, dass die Voraussetzungen einer personenbedingten Kündigung vorliegen.
(b) Verhaltensbedingte Kündigung: Der Arbeitnehmer verletzt durch sein Verhalten eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis
Auch ist eine soziale Rechtfertigung durch eine verhaltensbedingte Kündigung möglich. Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt. Entscheidend ist also das individuell steuerbare Handeln des Arbeitnehmers.
Eine verhaltensbedingte Kündigung hat zwei Voraussetzungen. Zum einen muss der jeweilige vorliegende Sachverhalt geeignet sein, für einen ruhig und sachlich bewertenden Arbeitgeber einen Grund zur Kündigung darzustellen (Negative Prognose).
Zum anderen bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall.
(aa) Negative Prognose: Vertrauensvolle Fortführung des Arbeitsverhältnisses unmöglich oder zukünftige Verstöße wahrscheinlich
Zunächst bedarf es bei der verhaltensbedingten Kündigung einer negativen Prognose.
Dafür müsste ein im Sinne einer verhaltensbedingten Kündigung relevanter Grund vorliegen, der Teil der Prognose sein kann.
Dabei kann ein solches Verhalten entweder in der Verletzung von Hauptleistungspflichten oder Nebenpflichten liegen.
Hauptleistungspflichten sind Pflichten, die unmittelbar aus dem vertraglichen Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschuldet sind. Verweigert der Arbeitnehmer etwa die Vornahme der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung, liegt die Verletzung einer Hauptleistungspflicht vor. Denn der Arbeitnehmer hat sich durch den Arbeitsvertrag zur Erbringung von Arbeit verpflichtet.
Nebenpflichten sind hingegen Pflichten, die nicht unmittelbar aus dem vertraglichen Verhältnis einklagbar sind. Gegen diese darf jedoch auch nicht verstoßen werden. Wird beispielsweise gegen ein Alkoholverbot verstoßen, liegt die Verletzung einer Nebenpflicht vor.
Liegt ein solcher Grund vor, muss entweder die Störung, die durch das pflichtwidrige Verhalten entstanden ist, so gewichtig sein, dass entweder eine vertrauensvolle Fortführung des Arbeitsverhältnisses unmöglich scheint oder dass, wegen des pflichtwidrigen Verhaltens, von dem Auftreten weiterer zukünftiger Verstöße auszugehen ist (negative Prognose).
Entscheidend ist also, inwiefern sich das Verhalten des Arbeitnehmers belastend auf das zukünftige Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber auswirkt.
Hat ein Arbeitnehmer zum Beispiel gegen eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis unverschuldet verstoßen, so kann das Vertrauen des Arbeitgebers in den Arbeitnehmer nicht schwerwiegend gestört sein. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist in einem solchen Fall dann gerade nicht gerechtfertigt.
(bb) Interessenabwägung: Auch Gründe, auf die der Arbeitnehmer selbst Einfluss nehmen kann. Abmahnung, Ausübung des Direktionsrechts oder Änderungskündigung ausreichend?
Weiter bedarf es einer Interessenabwägung. Dabei sind die Interessen des Arbeitnehmers gegen die Interessen des Arbeitgebers im Hinblick auf den Pflichtenverstoß verhältnismäßig abzuwägen.
Erscheint dabei etwa ein Mittel dahingehend ebenso effektiv wie eine Kündigung, die Interessen des Arbeitgebers zu befriedigen, und ebenso milder im Hinblick auf die Interessen des Arbeitnehmers, so ist dieses Mittel gegenüber einer Kündigung vorzugswürdig.
Anders als bei einer personenbedingten Kündigung ist vor einer verhaltensbedingten Kündigung so in der Regel zunächst auch eine Abmahnung des Arbeitgebers notwendig. Es wäre etwa unverhältnismäßig, wegen einer einmaligen Unpünktlichkeit des Arbeitnehmers den Arbeitnehmer nicht zunächst abzumahnen, sondern ihm direkt zu kündigen.
Ebenso muss in diesem Kontext beachtet werden, ob mit der Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers oder mit der Erklärung einer Änderungskündigung ebenso die Ziele erreicht werden können, die mit der Kündigung verfolgt werden. Denn dadurch würde die Kündigung als schärferes Mittel obsolet werden.
Dazu folgendes Beispiel: Das Arbeitsklima ist wegen zwei einzelnen sich streitenden Arbeitnehmern im Hinblick auf einen räumlich abgrenzbaren Arbeitsbereich gestört. Statt beiden zu kündigen, kann ein angenehmes Arbeitsklima auch dadurch hergestellt werden, dass einer der Arbeitnehmer in einen anderen räumlich abgrenzbaren Bereich mit geänderten Bedingungen versetzt wird.
(c) Betriebsbedingte Kündigung: Erfordernisse aus der Arbeitgebersphäre (Unternehmerfreiheit) versus Arbeitsplatzschutz
Bei einer betriebsbedingten Kündigung stehen dringende betriebliche Gründe einer weitergehenden Beschäftigung im konkreten Betrieb entgegen.
Eine betriebsbedingte Kündigung erfordert einerseits einen dringenden betrieblichen Grund und andererseits eine hinreichende Interessenabwägung.
(aa) Dringender betrieblicher Grund
Ein dringendes betriebliches Erfordernis setzt voraus, dass tatsächliche Entwicklungen zu einem Überschuss an Arbeitnehmern geführt haben und ein konkreter Arbeitsplatz deshalb aufgrund eines Entschlusses des Unternehmens weggefallen ist.
Ein Beispiel hierfür: Aufgrund eines Absatzmangels entlässt der Arbeitgeber einen Mitarbeiter.
(bb) Interessenabwägung: Erfordernisse aus der Arbeitgebersphäre (Unternehmensfreiheit) dürfen nicht gewichtiger sein als der Arbeitsplatzschutz des Arbeitnehmers
Weiter dürfen im Rahmen einer Interessenabwägung die Erfordernisse aus der Arbeitgebersphäre (unternehmerische Entscheidung) nicht schwerer wiegen als der Arbeitsplatzschutz des Arbeitnehmers.
Dabei sind die Tatsachen, die auf der Unternehmensfreiheit basieren (etwa permanenter Überschuss an Arbeitnehmern), nachprüfbar. Diese Prüfung erstreckt sich jedoch nur darauf, ob die Entscheidung des Arbeitgebers willkürlich ist (Willkürkontrolle). Ob sie zweckmäßig oder erforderlich ist, ist nicht entscheidend. Notwendig für diese Willkürkontrolle ist die Offenlegung und Feststellung der Tatsachen.
Aufgrund des Ultima-Ratio-Gedankens darf das Ziel des Unternehmens nicht mittels anderer ökonomischer organisatorischer Mittel erzielt werden können. Etwa darf keine anderweitige Weiterbeschäftigung im Unternehmen möglich sein.
Zuletzt muss bei der Interessenabwägung auch eine umfangreiche Abwägung der sozialen Verhältnisse erfolgen. Dazu gehören etwa eine etwaige Behinderung des Arbeitnehmers, sein Alter und seine Chancen innerhalb des Arbeitsmarktes. Unter den Arbeitnehmern, die zur Kündigung infrage kommen, dürfen nur diejenigen ausgewählt werden, die am meisten unabhängig vom Bestehen ihres Arbeitsverhältnisses sind.
(cc) Beweislast
Ob ein dringend betrieblicher Grund vorliegt, muss der Arbeitgeber beweisen, eine mögliche nicht ordnungsgemäße Sozialauswahl der Arbeitnehmer.
(dd) Absolute Gründe der Sozialwidrigkeit
Schließlich ist eine Kündigung auch trotz Vorliegens eines Kündigungsgrundes dann sozial ungerechtfertigt, wenn ein absoluter Grund der Sozialwidrigkeit vorliegt. Ein solcher ist gegeben, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.
- b) Außerordentliche Kündigung
Indiz für das Vorliegen einer außerordentlichen Kündigung ist, dass die Kündigung innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnisnahme des Kündigungsgrundes durch den Arbeitgeber erfolgt.
- aa) Kündigungsmöglichkeit: Länge von zwei Wochen
Zunächst muss der kündigende Arbeitgeber für den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung eine Frist von zwei Wochen, beginnend ab Kenntnis des Arbeitgebers von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen, einhalten.
- bb) Wichtiger Grund
Weiter bedarf es eines wichtigen Grundes. Um festzustellen, ob ein solcher vorliegt, muss ein wichtiger Grund bestimmt sowie eine umfassende Interessenabwägung durchgeführt werden.
(1) Bestimmung des wichtigen Grundes: Grund, der typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist
Zum einen bedarf es eines Grundes, der typischerweise als wichtiger Kündigungsgrund geeignet ist.
Dabei erfolgt eine Unterscheidung in personen-, verhaltens- und betriebsbedingte Kündigungsgründe (siehe 5. a) cc) (3).
(a) Personenbedingter Kündigungsgrund: Ausnahmsweise, wenn wegen unabweisbarer Gründe der Arbeitsplatz sofort neu zu besetzen ist
Personenbedingte Kündigungsgründe sind Gründe, die sich aus persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers ergeben.
Nur, wenn unabweisbare Gründe es gebieten, den Arbeitsplatz nicht erst nach Ablauf der Kündigungsfrist, sondern unverzüglich neu zu besetzen, können personenbedingte Kündigungsgründe einen wichtigen Grund darstellen.
Beispielsweise können krankheitsbedingte Leistungsminderungen, etwa, wenn die ordentliche Kündigung vertraglich ausgeschlossen ist, einen personenbedingten Kündigungsgrund ausnahmsweise darstellen.
(b) Verhaltensbedingter Kündigungsgrund: Vertragswidriges Verhalten erforderlich
Bei einer verhaltensbedingten Kündigung verletzt der Arbeitnehmer durch sein Verhalten eine Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Eine solche Verletzung ist erforderlich, um einen wichtigen Grund darzustellen.
Auch Vermögens- oder Eigentumsdelikte, die sich negativ auf den Arbeitgeber auswirken und vorsätzlich wie rechtswidrig begangen worden sind, sind als wichtiger Grund ausreichend.
(c) Betriebsbedingter Kündigungsgrund: Nur ausnahmsweise ausreichend
Einem betriebsbedingten Kündigungsgrund stehen dringend betriebliche Gründe einer weitergehenden Beschäftigung im konkreten Betrieb entgegen. Grundsätzlich genügen betriebsbedingte Kündigungsgründe nicht, um einen wichtigen Grund darzustellen.
Ausnahmsweise gilt anderes nur dann, wenn etwa die Kunden oder der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mit Nachteilen drohen (Druckkündigung) oder die ordentliche Kündigung vertraglich ausgeschlossen ist.
(2) Interessenabwägung
Zum anderen bedarf es einer weitreichenden Abwägung der Interessen im konkreten Einzelfall, also der betrieblichen Entscheidungsfreiheit des Unternehmers gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an einem gesicherten Arbeitsplatz.
Dabei müssen Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Wie bei der ordentlichen Kündigung sind auch hier die zwei Prämissen, namentlich das Ultima-Ratio-Prinzip und der Prognosegrundsatz, bei der Abwägung zugrunde zu legen.
(a) Ultima-Ratio-Prinzip
Nach dem Ultima-Ratio-Prinzip muss die außerordentliche Kündigung das letzte Mittel sein, um dem Kündigungsgrund ausreichend Rechnung tragen zu können. Lediglich dann, wenn keine anderen zulässigen, geeigneten und angemessenen Mittel mehr vorhanden sind, um die mit der Kündigung erstrebten Zielen zu erreichen, darf eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden.
Erfolgt zum Beispiel keine Abmahnung vor dem Aussprechen der Kündigung, so ist im konkreten Einzelfall abseits von enorm erheblichen Pflichtverstößen grundsätzlich das Interesse des Arbeitgebers nicht überwiegend.
(b) Prognosegrundsatz
Nach dem Prognosegrundsatz ist für die Beurteilung der Interessen der Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung der Kündigung maßgeblich. Dem Kündigenden muss es unzumutbar erscheinen, am Arbeitsvertragsverhältnis bis zum Ende der Kündigungsfrist festzuhalten.
- cc) Gegebenenfalls Umdeutung in eine ordentliche Kündigung
Beim Fehlen der Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung kann eine solche hilfsweise in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Dafür muss ersichtlich sein, dass der Arbeitgeber den Willen hat, dass das Arbeitsverhältnis auch dann beendet werden soll, wenn dafür die (im Vergleich zur außerordentlichen Kündigung längere) Frist eingehalten werden muss, die für die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung notwendig ist.
Sind also die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung gegeben, kann eine außerordentliche unwirksame Kündigung in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden.
- Mögliche Folgen einer Kündigungsschutzklage abseits einer Beendigung
Neben der Unwirksamkeit einer Kündigung kann eine Kündigungsschutzklage weitere Folgen mit sich bringen.
- Anspruch auf Entgelt: Bei begründeter Kündigungsschutzklage hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Bezahlung der Arbeitsleistung, die er ansonsten ohne die Kündigung erbracht hätte
Ein Entgeltanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber entsteht dann, wenn eine Klage auf Kündigungsschutz begründet ist hinsichtlich der Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer ohne Aussprechen der Kündigung erbracht hätte.
Problematisch ist, dass bei einer solchen Klage die Dreiwochenfrist einer Kündigungsschutzklage nicht gewahrt wird. Ob der Anspruch schlussendlich besteht, hängt damit davon ab, ob der Kündigungsschutzklage stattgegeben wird oder nicht.
- Auflösung mittels Urteil: Auch bei begründeter Kündigungsschutzklage kann ausnahmsweise das Arbeitsverhältnis gegen Entgelt aufgehoben werden
Wenn eine Klage auf Kündigungsschutz begründet ist, besteht das Arbeitsverhältnis grundsätzlich weiter. Ausnahmsweise kann es dennoch unter bestimmten Voraussetzungen, jedoch gegen eine Abfindung, rechtlich zulässig aufgelöst werden.
- a) Arbeitnehmer als Antragsteller: Fortsetzung darf Arbeitnehmer nicht zumutbar sein + grundsätzlich begründeter Antrag des Arbeitnehmers
Stellt ein Arbeitnehmer den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses, darf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten sein.
Auch muss der vom Arbeitnehmer gestellte Antrag grundsätzlich begründet sein. Anderes gilt nur, wenn ein leitender Angestellter den Auflösungsantrag stellt. Denn bei diesem ist eine Begründung entbehrlich.
Im Rahmen eines länger andauernden Prozesses ist es für einen Arbeitnehmer sinnvoll, keinen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu stellen. Wirtschaftlich profitabler ist es, anstelle dessen nebst Kündigungserklärung Anspruch auf Annahmeverzugslohn geltend zu machen (im Hinblick auf den Annahmeverzugslohn siehe II. 1.).
- b) Arbeitgeber als Antragsteller: Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht erwarten lassen
Stellt hingegen ein Arbeitgeber diesen Antrag, müssen Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.
Solche sind etwa Beleidigungen, bewusst wahrheitswidrige Behauptungen von Tatsachen, üble Nachrede oder anderweitige die Ehre des Arbeitgebers verletzende Drohungen oder Angriffe gegenüber dem Arbeitgeber.
- c) Antragsfrist und Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses
Die Anträge können jeweils bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gestellt werden.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, setzt das Gericht für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt fest, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.
Als Grundformel für den Umfang der Abfindung gilt: Pro Beschäftigungsjahr ein Monatslohn.
- Weiterbeschäftigungsanspruch während des Prozesses des Kündigungsschutzes
Der Arbeitgeber kann im Zeitraum des Prozesses des Kündigungsschutzes verpflichtet sein, ebenso nach Ende der Frist zur Kündigung, den Arbeitnehmer weiter im Betrieb zu beschäftigen bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens.
- a) Betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch
Dies kann zum einen im Rahmen des betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruchs der Fall sein.
Dazu muss der Betriebsrat zunächst im Rahmen einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen haben.
Weiter muss der Arbeitnehmer Klage auf Feststellung dahingehend erhoben haben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist.
Schlussendlich muss der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung verlangen.
Besteht der Weiterbeschäftigungsanspruch, so muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen.
Jedoch kann der Arbeitgeber auf Antrag unter gewissen Voraussetzungen durch einstweilige Verfügung beim Gericht den Arbeitnehmer von der Verpflichtung entbinden. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder die Weiterbeschäftigung zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde.
- b) Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch
Neben dem betriebsverfassungsrechtlichen kann auch der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch einschlägig sein.
Er setzt etwa voraus, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß besteht oder gar kein Betriebsrat ordnungsgemäß gewählt worden ist. Allgemein formuliert besteht der Anspruch, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Andernfalls ist nämlich grundsätzlich das Arbeitgeberinteresse gewichtiger, den Arbeitnehmer nicht mehr zu beschäftigen.
III. Beweis: Der Arbeitgeber hat die die Kündigung bedingenden Tatsachen zu beweisen
Grundsätzlich muss jeder im Rahmen der deutschen Rechtsordnung das beweisen, was für ihn selbst rechtlich vorteilhaft ist.
Anderes gilt jedoch ausnahmsweise im Rahmen der Kündigungsschutzklage. Hier hat der Arbeitgeber die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Er muss also beweisen, dass die Voraussetzungen des jeweiligen Kündigungsgrunds vorliegen.
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